Eigentum und sein Übergang beim Bootskauf – weitere Details

Dieser Beitrag stellt eine Erweiterung eines früheren Beitrags zu der Übertragung des Eigentums bei einem Bootskauf dar. Zum Einstieg empfehle ich, den ursprünglichen Beitrag zu lesen. Für die Eiligen gibt es ein Übergabeprotokoll hier zum Herunterladen: Übereignungsprotokoll und Quittung – Muster

In verschiedenen Diskussionen wurden einige Fragen zu dem Thema aufgeworfen, wie man nach Zahlung des Kaufpreises für ein Boot auch sicherstellen kann, dass das Eigentum auf den Käufer übergeht. Dies geschieht nämlich nicht automatisch mit der Zahlung des Kaufpreises und der Einigung darüber, dass der Käufer nunmehr Eigentümer sei. Thematisiert werden die Bedeutung der Sonderregelung des § 929a des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) für Seeschiffe.

1. Eigentum an Schiffen wird nicht durch bloße Einigung übertragen

Im vorhergehenden Blogbeitrag wurde ausführlich dargelegt, dass für den Übergang des Eigentums an Booten, die zu den “beweglichen Sachen” im Sinne des BGB gehören, nicht nur die Einigung über den Übergang des Eigentums am Boot erforderlich ist, erst recht nicht die Kaufpreiszahlung, sondern dass der Besitz am Boot übergehen muss – was unter anderem bedeutet, dass der bisherige Eigentümer jede tatsächliche Herrschaft über das Boot aufgeben muss. Dies bedeutet, dass zum Beispiel eine weitere Lagerung auf dem Grundstück des Verkäufers (etwa im Winter) ebenso nicht zum Eigentumsübergang führt wie die Vereinbarung, dass der Verkäufer sich noch eine Weile um das Boot kümmert, es sei denn, es lässt sich nachweisen, dass hierzu mer vereinbart worden ist als ein reines “späteres Abholen”. Laufen in diesem Zeitraum Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Verkäufer, oder wird gar ein Insolvenzverfahren eröffnet, zählt das Boot weiterhin zum Vermögen des Verkäufers. Ein gegen ihn gerichteter Schadenersatzanspruch ist dann oft wertlos. Wie verhält es sich nun in einigen besonderen Fällen?

Eigentum: Bild von Segelschiffen in einer Steganlage

Das Eigentum an Seeschiffen kann, wenn ausdrücklich vereinbart, theoretisch auch ohne Besitzübergang wechseln. Foto: Bernd Kasper / pixelio.de

2. Eigentum an Seeschiffen: Bedeutung des § 929a BGB

Für nicht in das Schiffsregister eingetragene Seeschiffe sieht § 929a BGB eine von § 929 BGB abweichende Art und Weise der Übertragung des Eigentums vor. Danach ist die Übertragung des Eigentums an solchen Seeschiffen nicht erforderlich, wenn sich Erwerber und Veräußerer darüber einig sind, dass das Eigentum ohne Übergabe des Schiffes stattfinden soll. Kann man sich nun erfolgreich darauf berufen?

Im Wortlaut sieht § 929a BGB vor:

§ 929a Einigung bei nicht eingetragenem Seeschiff

(1) Zur Übertragung des Eigentums an einem Seeschiff, das nicht im Schiffsregister eingetragen ist, oder an einem Anteil an einem solchen Schiff ist die Übergabe nicht erforderlich, wenn der Eigentümer und der Erwerber darüber einig sind, dass das Eigentum sofort übergehen soll.
(2) Jeder Teil kann verlangen, dass ihm auf seine Kosten eine öffentlich beglaubigte Urkunde über die Veräußerung erteilt
wird.

Augenfällig ist hier die Parallele zu § 2 des Schiffsregistergesetzes (SchRG), das für eingetragene Schiffe gilt. Für im Schiffsregister eingetragene Seeschiffe ist dort angeordnet:

(1) Zur Übertragung des Eigentums an einem im Seeschiffsregister eingetragenen Schiff ist erforderlich und genügend, daß der Eigentümer und der Erwerber darüber einig sind, daß das Eigentum auf den Erwerber übergehen soll.
(2) Jeder Teil kann verlangen, daß ihm auf seine Kosten eine öffentlich beglaubigte Urkunde über die Veräußerung erteilt wird.

Der Gesetzgeber wollte die Möglichkeit der Übertragung nicht eingetragener Seeschiffe durch bloße Einigung, ohne Übergabe, entsprechend der Regelung ermöglichen, die für eingetragene Seeschiffe gilt.

a. Was ist ein Seeschiff?

Nun stellen wir uns einmal ganz dumm: In § 929a BGB ist von Seeschiffen die Rede. Der messerscharfe Umkehrschluss lautet nun: Die Vorschrift gilt nicht für Binnenschiffe. Und da nun die meisten Sportboote (wenn nicht alle) sowohl binnen- als auch seetauglich sind, stellt sich hier nun die Frage, ob ein Sportboot, das in Frage steht, ein Seeschiff ist.

Und hierzu bieten weder die Rechtsprechung noch die juristische Literatur verlässliche Hinweise, mit denen man im Streitfall auf sicherer Grundlage weiterkommen würde.

Im Einzelnen: Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich, soweit ersichtlich, bislang nur einmal zu dieser Frage geäußert, und zwar in einem Urteil aus dem Jahr 2003 (BGH v. 27.11.2003, IX ZR 310/00), und zwar am Ende der Entscheidung als Hinweis an die Vorinstanz, an die der Rechtsstreit zurückgegeben wurde:

Für den Fall, daß es darauf ankommen sollte, ob der Kläger Eigentum an dem Segelschiff erworben hat, wird darauf hingewiesen, daß der Begriff des Seeschiffes i.S.d. § 929a Abs. 1 BGB umstritten ist (vgl. dazu MünchKomm-BGB/Quack, 3. Aufl. § 929a Rn. 2 m.w.N.).

“MünchKomm” ist ein Kommentar zum BGB, also eine nicht bindende, paragrafenweise Erläuterung des BGB, und “m.w.N.” bedeutet “mit weiteren Nachweisen”.

Schaut man in diesen Kommentar (in der neuesten Auflage), der nicht ohne Abschluss eines entgeltlichen Vertrages online abrufbar ist, findet man an der entsprechenden Stelle eine Darstellung verschiedener Meinungen dazu, was ein Seeschiff ist:

  • Erste Auffassung: Ein Seeschiff sei ein Schiff, das nach dem Willen des Eigentümers überwiegend auf See verwendet wird.
  • Zweite Auffassung: Es kommt auf die überwiegende tatsächliche Verwendung des Schiffes an.
  • Dritte Auffassung: Es kommt auf die Eignung des Schiffes als Seeschiff an.
  • Vierte Auffassung, vertreten von Oechsler im Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2013, § 929a BGB Randnummer 2: “Seeschiffe sind Schiffe, für die nach den schifffahrtsrechtlichen Vorschriften ein Schiffspatent für Seeschiffe ausgestellt ist.

Alle diese Auffassungen überzeugen nicht:

Zur ersten Auffassung: “Der Wille des Eigentümers” lässt sich kaum feststellen; außerdem: Kommt es auf den Willen des früheren oder des künftigen Eigentümers an? Was ist, wenn diese Willensrichtungen unterschiedlich sind?

Zur zweiten Auffassung: Hier wird mein Einwand etwas komplexer. Normalerweise geht das deutsche Recht von der Vermutung aus: Wer Besitzer ist, ist auch Eigentümer, und hierauf darf sich auch ein Erwerber einer (beweglichen und nicht abhanden gekommenen) Sache verlassen. Dieser Grundsatz durchzieht das gesamte deutsche Recht: Man kann sich eben auf den Anschein “Besitz gleich Eigentum” grundsätzlich verlassen. Mit § 2 SchRG und § 929a BGB wird der Grundsatz im Hinblick auf die wirtschaftliche Verwendung von Seeschiffen (die sich häufig auf Hoher See oder in fremden Häfen befinden) und auf Schiffsanteile durchbrochen. Bei Binnenschiffen wird dieser Grundsatz allerdings beibehalten. Soll nun bei einem Erwerb eines bisherigen Seeschiffes, das der Erwerber nun binnen einsetzen wird, der sonst bei Binnenschiffen geltende Anschein “Besitzer gleich Eigentümer” nicht gelten? Was ist beim Boot im Winterlager auf der Wiese? Kommt es darauf an, wo es im Sommer gefahren ist? In welchem Sommer? Im letzten Sommer, oder in den vergangenen drei Jahren? Ich halte diese Abgrenzung also für nicht überzeugend.

Zur dritten Auffassung: Es geht bei § 929a BGB nur um nicht eingetragene Seeschiffe. Die Eintragungspflicht bezieht sich auf Seeschiffe, deren Rumpflänge, gemessen zwischen den äußersten Punkten des Vorstevens und des Hinterstevens, 15 Meter übersteigt (§ 10 Absatz 1 Satz 2 der Schiffsregisterordnung); ansonsten ist die Eintragung freiwillig. In der Praxis dürfte kaum ein Schiff mit einer Rumpflänge unter 15 Metern aufzufinden sein, das nicht zumindest für küstennahe Gewässer seetauglich ist. Seeuntaugliche Schiffe dieser Größenordnung werden nicht hergestellt, weil sich dies für die Hersteller nicht lohnt. Die Abgrenzung taugt also nichts.

Zur vierten Auffassung: Die Auffassung, dass es nicht eingetragene Schiffe mit einer Rumpflänge unter 15 Metern gäbe (um die es hier geht), für die ein “Schiffspatent für Seeschiffe” ausgestellt sei, geht völlig fehl. Ein solches Dokument gibt es nämlich nicht. Erstens sind “Patente” Erlaubnisse bzw. Befähigungsnachweise für Schiffsbesatzungen und nicht für Schiffe. Zweitens gibt es eine begrenzte Anzahl von Dokumenten für Schiffe, die ausgestellt werden, und die in einem guten Artikel der Onlineausgabe der Zeitschrift “Boote” aufgezählt sind. Ein “Schiffspatent”, wie von Oechsler aufgeführt,  findet sich darunter nicht. Ein spezielles Dokument, das nur für See- und nicht für Binnenschiffe ausgestellt wird, stellt zwar das Schiffszertifikat dar. Diese Urkunde wird allerdings nur für Boote ausgestellt, die im Seeschiffsregister eingetragen sind. Und diese unterfallen wiederum nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift nicht dem § 929a BGB. Alle anderen Schiffsurkunden (außer dem Schiffsbrief, der nur für Binnenschiffe ausgestellt wird) werden sowohl für Binnen- als auch für Seeschiffe ausgestellt.

Fazit: Es gibt kein überzeugendes Kriterium, wonach im Zweifel im Zusammenhang mit § 929a BGB sicher festgestellt werden kann, dass es sich bei einem Schiff um ein (nicht eingetragenes) Seeschiff handelt.

Relativ sicher wäre man bei der Anwendung der Vorschrift nur, wenn

  • nach dem Willen des Veräußerers und des Erwerbers das Schiff überwiegend auf See eingesetzt wird (gemäß der ersten Auffassung),
  • das Schiff auch tatsächlich in der Vergangenheit deutlich überwiegend auf See eingesetzt worden ist und der Erwerber erklären kann, dass dies auch künftig der Fall sein soll (gemäß der zweiten Auffassung; hierzu sollte der Erwerber Beweismittel, wie Logbücher, vorlegen können) und
  • das Schiff auch seetauglich ist (gemäß der dritten Auffassung; dies dürfte in den meisten Fällen zutreffen; verweisen könnte man hier bei einer CE-Zulassung etwa auf die Zulassung für küstennahe Gewässer).

3. Wie das Eigentum nach § 929a BGB übergeht

Das Eigentum geht im Anwendungsbereich des § 929a BGB allerdings nicht automatisch mit der Einigung über den Eigentumserwerb über, was der Wortlaut der Vorschrift durchaus nahelegen könnte. Vielmehr muss zusätzlich eine eindeutige zusätzliche Einigung zwischen Veräußerer und Erwerber nachgewiesen werden, wonach das Eigentum ohne Besitzübergang übergehen soll. Der BGH beschreibt dies recht deutlich in einem Urteil aus dem Jahr 1995 (Urteil vom 06.03.1995, II ZR 84/94); Hervorhebung von mir:

Die besondere, dem SchRG nachgebildete Form der Eigentumsübertragung durch bloße Einigung nach § 929a BGB tritt nicht an die Stelle der allgemeinen Regeln, sondern ergänzt sie nur [zahlreiche Nachweise aus der juristischen Literatur]. Deswegen ist eine doppelte Einigung erforderlich, daß nämlich das Eigentum übertragen werden und hierfür die bloße Einigung ausreichen soll [Literaturnachweis]. Die Parallelität der Anwendbarkeit der Vorschriften ist in besonderem Maße dann sinnvoll, wenn der Eigentumsübergang von der vollständigen Zahlung des Kaufpreises abhängig gemacht werden soll oder umgekehrt der Käufer vor vollständiger Bezahlung sich erst von dem Zustand des Schiffs überzeugen will.

4. Fazit: Wie man den Eigentumsübergang nach § 929a BGB bewirken könnte

Den Eigentumsübergang nach § 929a BGB ist also an einige Hürden gekoppelt, die allerdings – bei allen genannten, verbleibenden Unsicherheiten – gemeistert werden können. Wie dargestellt, besteht kaum Rechtsprechung, mit der man den Anwendungsbereich der Vorschrift (“Seeschiff”) sicher bestimmen kann, und die hierzu in der juristischen Literatur unterbreiteten Vorschläge sind angreifbar. Auch muss man bei Auslandsbezug (etwa bei Booten in der Adria) darauf achten, ob überhaupt deutsches Recht anwendbar ist; dies ist ein ganz anderes Thema, auf das ich hier nicht eingehen möchte.

Nochmals: Vorsicht! Es gibt keine ausreichende Basis an Rechtsprechung, auf Grund derer man halbwegs sicher prognostizieren kann, wie ein Rechtsstreit ausgehen könnte, wenn der Weg der Eigentumsübertragung über § 929a BGB gewählt wird.

Wagt man den Weg über § 929a BGB, könnte das folgende, zusätzlich zum Kaufvertrag aufgesetzte Dokument verwenden, das aber sicherheitshalber auch noch die Begründung eines “klassischen” Besitzkonstituts (§ 930 BGB) vorsieht. Wenn Sie ab hier nicht verstehen, wovon die Rede ist, ist das nicht schlimm. Lesen Sie einfach das Formular durch und schauen Sie, ob Sie das, was dort möglichst klar beschrieben ist, für Sie sinnvoll wäre.

Ein Übergabeprotokoll bzw. Übereignungsprotokoll, das für verschiedene Fallgestaltungen geeignet ist und auch – so weit das geht – rechtssicher einen Eigentumsübergang trotz weiterer Verwahrung durch den Verkäufer vorsieht, habe ich jedenfalls entworfen und hier als PDF verlinkt:

Übereignungsprotokoll und Quittung – Muster

 

 

 

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3 Antworten

  1. David Müller sagt:

    Seit klein auf war ich von Booten fasziniert. Nun wohnen wir unmittelbar in der Nähe von einem großen See und ich dachte, ich könnte mir eventuell ein kleines Boot zulegen. Da mir das nötige Kleingeld fehlt, dachte ich eher an [Werbe-URL gelöscht]. Da ich mich mit dem Kauf, bzw. mit dem Eigentum Übergang nicht auskenne, wollte ich mich über den rechtlichen Ablauf informieren.

    • Lieber Herr Müller,
      wenn Sie an einem Backlink interessiert sind, schreiben Sie mich gerne an; hier wird aber bitte nicht in den Kommentaren kostenlose Werbung geschaltet (Hinweis: URL des Links war auch in den Absenderdaten angegeben).

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