Nein, es gab am 1. Mai 2017 keinen neuen Sportbootführerschein
UPDATE: Eine neue Sportbootführerscheinverordnung ist am 10. Mai 2017, in Kraft getreten – nicht etwa am 1. Mai 2017, wie vielfach in Medien berichtet. Näheres dazu in diesem Blog-Artikel zum neuen SBF.
In zahlreichen Medien wurde am 1. Mai 2017 oder kurz davor eine Falschmeldung verbreitet. Gemeldet wurde, es gäbe ab diesem Datum einen neuen Sportbootführerschein. Der Sportbootführerschein-See (SBF See) und der Sportbootführerschein-Binnen (SBF Binnen) würden zu einem einheitlichen Sportbootführerschein zusammengelegt. Hier ist beschrieben, was wirklich Tatsache ist.
A. Neuer Sportbootführerschein: Bislang nur Entwürfe
Und diese Wahrheit ist recht simpel: Es gibt Entwürfe einer neuen Sportbootführerscheinverordnung, aber noch keine geltende Änderung des bisherigen Rechts.
Erste Berichte über Entwürfe
Über Entwürfe hatten zunächst fachnähere Stellen berichtet, etwa ein auf das Thema spezialisierter kommerzieller Blog und der Deutsche Segler-Verband. Während letzterer titelte, die Novelle käme spätestens zum 1. Mai 2017, stellte der Blogger heraus, es handele sich um ein Bemühen.
Inhalt der Entwürfe
Die genannten Berichte haben dargestellt, welche Änderungen in den Entwürfen vorgesehen waren:
- Der Führerschein wird im Scheckkartenformat von der Bundesdruckerei hergestellt.
- Es gibt zudem einen einheitlichen Vordruck für den Führerschein. Dort wird verzeichnet, ob er für Segel bzw. Motor und Binnen bzw. See gilt. Der neue Vordruck ist zweisprachig (deutsch / englisch).
- Bewerbern wird die Möglichkeit eingeräumt, die Theorie- und die Praxisprüfung an verschiedenen Orten abzulegen.
- Die praktische Prüfung für Seeschifffahrtsstraßen kann auch außerhalb Deutschlands abgelegt werden.
- Vorlagefristen für Unterlagen werden verkürzt. Außerdem wird das vorzulegende ärztliche Zeugnis einfacher gestaltet.
Nichts ändert sich
- daran, dass es Führerscheine mit den Geltungsbereichen “Binnen” und “See” gibt, und
- an dem Prüfungsaufgaben und am Prüfungsumfang.
B. Meldungen über Änderungen zum 1. Mai 2017
In zahlreichen Medien wurde diese Vorankündigung zum 1. Mai 2017 ohne vernünftige Recherche aufgegriffen. Infolge dessen wurden Falschmeldungen verbreitet.
Beispiel: “bild.de”
So meldete “bild.de” unter der Überschrift “Gesetzesänderungen zum 1. Mai” (Update 2. Mai 2017: Die entsprechende Textpassage wurde auf Grund meines Hinweises heute aus dem Artikel entfernt):
Die neue Scheckkarte ersetzt die beiden alten Führerscheine SBF Binnen und See. Eine Umschreibung alter Führerscheine ist möglich.
Die theoretische und praktische Prüfung kann jetzt an unterschiedlichen Orten abgelegt werden. Auch wäre dies im Ausland möglich. So kann der Praxisteil auch im Urlaub absolviert werden.
Zwischen beiden Prüfungen dürfen jedoch nicht mehr als zwölf Monate liegen.
Las man diese damalige Meldung, mochte man glauben, dass nunmehr Inhaber einer der Sportbootführerscheine (Binnen oder See) nur ihren alten Führerschein umtauschen müssten. Dann würde ihnen ein einheitlicher Führerschein ausgestellt. Und mit diesem dürften sie dann überall fahren.
Dies wäre sachlich falsch. Und es gab keine Rechtsänderung zu Sportbootführerscheinen zum 1. Mai 2017. Zur Ehrenrettung der “Bild”-Redaktion – unter der Meldungsseite steht: “Dieser Text wurde erstellt in Zusammenarbeit mit “akademische arbeitsgemeinschaft”.
Beispiel: Neue Osnabrücker Zeitung
Auch die “Neue Osnabrücker Zeitung” meldete in diesem Artikel über Rechtsänderungen zum 1. Mai 2017:
Für den Sportboot-Führerschein treten am 1. Mai neue Regelungen in Kraft. So gibt es künftig statt der beiden Führerscheine SBF Binnen und See nur noch einen Sportbootführerschein. […]
Die Meldung ist insgesamt etwas ausführlicher. Auch sie wurde nach meinem Hinweis inzwischen korrigiert. Es wurde ein vorsichtiger Hinweis in den Artikel eingefügt, es sei von einem Inkrafttreten in der 19. Kalenderwoche “die Rede”. Eine Quelle Fürth diese Information geben die Verfasser nicht an.
Die Meldung gibt im Kern den Inhalt des oben beschriebenen Verordnungsentwurfs wieder. Interessant war, dass die ursprüngliche Meldung einen Link enthielt. Dieser wurde inzwischen entfernt. Er verwies auf ein Merkblatt des zuständigen Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. Jenes Merkblatt behandelt in der Tat Änderungen zum Recht der Sportbootführerscheine. Bloß wurden die dort erörterten Änderungen durch die Verordnung zur Änderung sportbootrechtlicher Vorschriften im See- und Binnenbereich mit Wirkung zum 17. Oktober vorgenommen.
Meine Auffassung dazu ist: Journalisten, die auch nur halbwegs Sorgfalt walten lassen, müssten die Fehler beim Verfassen des Artikels auffallen.
C. Die Wahrheit: Keine Rechtsänderung zum 1. Mai
Nach eingehender Prüfung etwaiger Rechtsänderungen kann ich hier mitteilen, dass sich das Recht der Sportbootführerscheine zum 1. Mai 2017 nicht geändert hat. Dies zeigen folgende Quellen:
- Im Bundesgesetzblatt sind seit Jahresanfang 2017 keine Verordnungen mit Änderungen der Sportbootführerschein-Verordnungen festzustellen.
- Verordnungen werden nicht immer im Bundesgesetzblatt verkündet. Aber auch in den anderen einschlägigen Verkündungsblättern ist keine Änderung zu finden. Dies gilt für den Bundesanzeiger und das Verkehrsblatt.
- Die stets aktuell gehaltene Seite buzer.de zeigt ebenso keine Änderungen der einschlägigen Verordnungen an. Auch eine Ablösung der alten durch eine neue Verordnung wird nicht angezeigt.
- Ebenso findet man keine Hinweise auf Änderungen in der amtlichen Normendokumentation zum Bundesrecht.
- Auch auf der Webseite des Prüfungsausschusses für Berlin wird die bisherige Rechtslage zum Führerscheinerwerb wiedergegeben. Einen Hinweis auf eine bevorstehende oder vollzogene Änderung findet man dort nicht.
D. Fazit
Journalisten sollten auch an einem langen Wochenende sorgfältig arbeiten und nicht schlicht von Pressediensten abschreiben. Die Recherchen, die ich zum Verfassen dieses Postings vorgenommen hatte, wären für einen Fachjournalisten wohl ebenso einfach durchführbar gewesen.
Sehr guter Beitrag, danke dafür 🙂
Was gilt jetzt eigentlich in den verschiedenen Landeswasserstraßen? Bundesrecht bricht Landesrecht und Segelschein kann binnen nur noch in Berlin gefordert werden? Die Führerscheinverordnung definiert den Geltungsbereich auf Binnen-, nicht Bundeswasserstraßen.
Der Dümmer See in Niedersachsen regelt das dort: https://www.nlwkn.niedersachsen.de/download/76033/Duemmer_und_Steinhuder_Meer_-_Verordnung_zuletzt_geaendert_am_15.02.2013.pdf
und fordert einen Surfschein und ab 6 m² Segelschein. Das dürfte nicht zu halten sein?
Eigentlich wollte ich das in dem anderen Beitrag, der die Berliner 6m²-Segelfläche regelt, ranhängen – da ist noch der nichtvorhandene Datenschutzhaken aktiv. Hätte ich vorher den Adblock und Scriptblocker ausgeschaltet, wärs wohl dort auch gegangen. Wenn Du mir fremde Scripte unterjubelst, garantierste mir auch deren Risikolosigkeit?
Rainer
Zum Geltungsbereich der neuen Sportbootführerscheinverordnung (SpFV) bestimmt deren § 1:
[…]
Was in diesem Sinne “Binnenschifffahrtsstraßen” sind, bestimmt § 2:
Für Landeswasserstraßen, die eben keine Bundeswasserstraßen sind, gilt die Verordnung also nicht unmittelbar, so dass hier auch Bundesrecht kein Landesrecht brechen kann. Die Länder können das Befahren ihrer Wasserstraßen eigenständig regeln. Dabei können sie natürlich auf Bundesrecht verweisen. Nach der Neuregelung des Sportbootführerscheinrechts gehen die Verweise in der von Ihnen zitierten Verordnung natürlich ins Leere. Der niedersächsische Landesgesetzgeber wird diese Verweise anpassen müssen; ansonsten kann man sie wegen des jeweiligen Zusatzes “in der jeweils geltenden Fassung” – was zu einer so genannten dynamischen Verweisung führt – auch als Verweise auf die neue Verordnung auslegen. Denn offensichtlich wollte der niedersächsische Verordnungsgeber nicht darauf abstellen, was genau im Bundesrecht steht, sondern sinngemäß anordnen: “Bundesrechtliche Sportbootführerscheine gelten auch auf dem Dümmer und Steinhuder Meer”. Es gäbe ja auch keinen Grund, weshalb die Regelungen zum Befahren der Gewässer anders gestaltet werden sollten, wenn nur auf Bundesebene mehrere Verordnungen zu einer zusammengefasst und die Vordruckmuster geändert werden, ohne dass sich materiell etwas ändert.
Zu den Skripts: Ich gebe hier keine Garantien ab.
Endlich! Die erste Seite, die nicht blind kopiert, welchen Unsinn der DSV selbstherrlich seit Januar verbreitet.
Es ist für mich ein Skandal, das ein Interessenverband hier alleine Mitteilungen zu einer möglicheneuen Gesetzesänderung veröffentlicht, bevor diese Pläne rechtswirksam durch die zuständigen Stellen verabschiedet wurden.
Anstelle der Bundesregierung würde ich diesem Verband mal deutlich seine Grenzen Aufzeigen!
Der DSV schadet mit der Verwirrung, die er hier anrichtet seinen Mitgliedern und Ausbildern, [… Anmerkung des Betreibers des Blogs: Hier endete der Kommentar.]
Wir leben glücklicherweise in einer Demokratie, in der es möglich ist, über Pläne zu berichten und eine Meinung kundzutun, ohne dass die Regierung Grenzen aufzeigt. Dass Verwirrung gestiftet wurde, stimmt leider. Es ist allerdings auch an einem langen Wochenende Aufgabe von Journalisten, zu prüfen, ob das, was sie abkopieren, richtig ist. Der DSV hatte die Planungen im Januar kommentiert, als man wohl noch davon ausging, dass ein Inkrafttreten am 1. Mai möglich wäre.
Mein energischer Vorwurf ging keinesfalls gegen die Journalisten!
Mein erster Vorwurf richtet sich an den DSV, der offenbar völlig unabgestimmt mit den Verantwortlichen hier Pläne als beschlossen darstellt, welche eben noch in der Beratung sind.
Viele Kunden von Sportbootschulen sind sehr verunsichert, ob sie nicht noch warten sollen mit dem Bootsführerschein. Laut DSV sollte es seit dem 01. Mai ja nur noch eine praktische Prüfung nötig sein.
“Laut DSV sollte seit dem 01. Mai ja nur noch eine praktische Prüfung nötig sein.”
Gibt es dazu eine Quelle? Mir ist nicht bekannt, dass der DSV Falsches kommuniziert hatte. Was die Medien dann falsch verstehen und daraus machen, kann der DSV nicht beeinflussen. Haben denn die betroffenen Sportbootschulen (sorry, das ist Unternehmerrisiko) medial darauf reagiert? Sehr viele achten bei ihrer Außenkommunikation nach meiner Beobachtung eher auf SEO (also möglichst viele Stichwörter für die Suchmaschinen) und auffällige Anzeigen.